Season 01
Season 01 I Episode 02
Katha
Häckel-Schinkinger
Katha Schinkinger ist für Vera Steinhäuser eine sehr inspirierende Frauen, nicht nur weil sie sich privat schon lange kennen. Für Vera ist Katha ein Beispiel dafür, dass man sich nicht entscheiden muss zwischen Kind oder Karriere, doch ob das wirklich wahr ist, diese Vereinbarkeit, das wird im Laufe der Folge noch in Frage gestellt.
Als Leiterin der Kommunikation von Caritas Österreich hat Häckel-Schinkinger ein wichtiges und mächtiges Amt inne. Inwieweit sie diese Funktion auch machtvoll ausübt wird im Interview detailliert beleuchtet.
Ein Leben in Kommunikation
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Kommunikation ist der Leitfaden in Katha Schinkingers Leben. Sie hat früh begonnen in der Kommunikation zu arbeiten, und zwar mit 19 in einer PR-Agentur. Danach hat sie sich bereits selbstständig gemacht und außerdem ihr erstes Kind vor Studienabschluss bekommen. In der Dekade 1999-2009 hat sie sich einigen unterschiedlichen Schwerpunkt-Themen gewidmet, war z.B. auch im Social-Media-Bereich unterwegs, hat Agenturen neugegründet und viele Kund*innen gehen und kommen sehen. 2015 kam es dann zu einer inneren Zäsur. Katha Schinkinger fragte sich, „ob es vielleicht ein sinnvolleres Tätigkeitsfeld gibt, wo ich meine Skills, mein Wissen einsetzen kann?“
Wahrscheinlich war es kein Zufall, dass diese Zäsur 2015, im Jahr der großen Fluchtbewegung, passierte, denn damals hat sie begonnen, sich mehr und mehr ehrenamtlich zu engagieren. Aus diesen Engagements entsand dann ihr 1. und einziges Sozialunternehmen, welches sie mit initiieren durfte, Habibi & Hawara - eine erfüllende Tätigkeit, aber auch eine intensive Zeit.
Nach einem kurzen, jedoch sehr intensiven und lehrreichen Abstecher in die Politik kam sie dann zu Caritas.
Vera: „Bereits vor Studienabschluss wurde der 1. Sohn geboren, danach noch weitere 3 Kinder, in Summe hast du 4 Kinder. Wie kann man das mit der Karriere vereinen? Wie managest du das?“
Katharina Häckel-Schinkinger
Kinder und Karriere sind nicht vereinbar!
Kathas Antwort ist entwaffnend ehrlich: „Es ist nicht vereinbar.“ Nicht, ohne ordentliche Abstriche zu machen. Und vor allem nicht bei sich selbst, wo man meistens anfängt, „wenn man unklug ist“. Warum es bei Schinkinger funktioniert, erklärt sie sich u.a. mit ihrer privilegierten Situation. Sie verdient genug, um etwa Kinderbetreuung organisieren zu können. Es funktioniert aber auch durch oder mit einem gewissen Egoismus, „der manchmal (für einen selbst, fügt sie später hinzu) nicht gut auszuhalten ist“, wie Schinkinger gesteht. Woran sie das auch festmacht, ist der Lauf der Zeit, denn mit 23 beim 1. Kind habe sie die Dinge wohl noch anders gehandhabt als mit 38 Jahren, beim letzten Kind. „Je älter man wird, desto lockerer wird man auch“, das merkt Schinkinger.
Vera Steinhäuser will es genauer wissen: „Vor 10 Jahren hättest du wahrscheinlich gesagt, dass Kinder & Karriere vereinbar sind. Was ist passiert in den letzten 10 Jahren?“
Schinkinger erklärt es sich mit einem weiteren Kind und einem neuen Mann. Ihre Kinder decken momentan so ziemlich alle Phasen ab, von 20 bis 7 Jahren, sie haben alle sehr unterschiedliche Bedürfnisse. Hier findet Schinkinger eine mögliche Antwort in der Akzeptanz, die da wichtig ist. Es hilft auch es einzusehen, dass manchmal auch 80 % Leistung reichen, in beiden Welten, also im Job wie auch zu Hause.
Mit dem neuen Partner ist zudem eine gerechte Verteilung hinzugekommen, sei es bei der Haus- oder Carearbeit. Das macht einen deutlichen Unterschied in Sachen Vereinbarkeit.
Zu den weiteren Faktoren gehören auch:
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das Privileg, genügend Ressourcen zur Verfügung zu haben, um gute kinderbetreuende Personen zur finden, also jemand, bei dem das Kind gern und gut aufgehoben ist.
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das Familiensystem steht auf vertrauensvoller Basis
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ein Partner, der 50 % im zeitlichen Querschnitt übernimmt
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politische Maßnahmen im Ausbau der Kinderbetreuungsangebote z. B. Ganztagesbetreuungen.
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Katharina Häckel-Schinkinger
Ein Partner, der 50% im zeitlichen
Querschnitt übernimmt
Stolpersteine im Patchwork
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„Patchwork ist - systemisch betrachtet - eine komplexe Angelegenheit.“ Das komplette Familienkonstrukt von Katha Schinkinger umfasst viele Personen mit vielen unterschiedlichen Bedürfnissen, die man zumindest hören und anhören muss. Wahrscheinlich ist ein Stolperstein, dass man im Patchwork mehr koordinieren muss als in Kernfamilien. Allein durch die Anzahl an Personen steht man einer anderen Situation gegenüber. Mal managen es Katha, ihr Partner und die gesamte Familie besser, mal schlechter: „Es kommt immer auf die Phasen der Eltern oder auch der Kinder an. Pubertät ist kein Honigschlecken, egal in welcher Familiensituation.“
Fest steht für sie, dass Kommunikation und Dialog wohl die Schlüssel zum Erfolg sind, wenn man Erziehungsratgebern (auf die Schinkinger wenig hält, aber in dem Fall schon), wahrscheinlich war es Jesper Juul, Glauben schenkt: „Was man nicht mit 14 erledigt hat mit den Kindern, wird sich wohl danach auch nicht mehr ergeben.“
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Letztendlich ist es ein Kommunikationsthema.
Katharina Häckel-Schinkinger
Die liebe Erziehung
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In den Jahren hat sich Kathas Verständnis von Gleichberechtigung differenziert und so kommt es, dass sich ihre Tochter als Mädchen die gleichen Dinge herausnehmen kann wie ihre Brüder es davor schon konnten. Als ein Beispiel erwähnt sie, dass die Brüder ebenso Haushaltsarbeiten erledigen musste, damals schon, diesbezüglich gab und gibt es also keine Unterschiede.
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Macht und Katha
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Katha wusste natürlich vor Einladung zum Podcast bereits, worum es im Gespräch ungefähr gehen würde und hat aufgrund dessen eine „Schummel-Social-Media-Umfrage“, wie sie sagt, gestartet. Es kamen viele Antworten. Vor allem hat sie dadurch erkannt: Macht kann vieles bedeuten. Sie musste sich jedoch mit dem Begriff Macht als etwas positiv konnotiertes erst anfreunden.
Katharina Häckel-Schinkinger
Macht ist für mich Teilhabe, Selbstbestimmung und die Möglichkeit, Entscheidungen durchzusetzen.
Politisch bedeutet dieser Begriff aber nicht nur Teilhabe, sondern auch Entscheidung. Und Entscheidungsfähigkeit. „Wer das Wort hat, hat auch die Macht und wird gehört. Auffällig ist schon, dass Frauen sehr oft nicht das Wort haben.“
Ausflug in die politische Welt
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Ein Jahr lang war Katha Schinkinger im Kabinett vom damaligen Gesundheitsminister verantwortlich für Kommunikation. Ihre Beobachtung in Zusammenhang mit Macht: Politik ist ein Spiel, das süchtig macht.
Menschen, die in die Politik gehen, sind laut Schinkinger zudem bestimmte Persönlichkeitstypen, zu denen sie sich selbst nicht zählt, denn das „wäre mir zu exponiert.“ Es gehe in der Politik letztendlich um Entscheidungen, Ausmachungen, und um Vertrauen, das auch missbraucht wird.
Katharina Häckel-Schinkinger
Macht bedeutet auch, eine Stimme zu haben.
Der Umgang mit dem Thema Macht
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„Frauen und politische Macht, da gibt es schon ein Gefälle.“ Schinkinger führt als Beispiel die „großartige ehemalige deutsche Kanzlerin Angela Merkel“ an. Die Mutti genannt wird, womit man ihr eigentlich Macht entziehen möchte, denn dadurch degradiert man sie. Frauen werden schnell reduziert aufs Körperliche, auf die Stimme. Wenn Frauen lauter werden, sind die schnell als hysterisch, impulsiv, gefühlsbetont abgestempelt, im Gegensatz zu Männern, die, wenn sie mit starker Stimme sprechen, als durchsetzungskräftig gelten.
Was braucht es?
Katharina Häckel-Schinkinger
Frauen brauchen nicht nur Stimme und müssen gehört werden, sondern Frauen müssen den Begriff Macht für sich claimen, und neu definieren. Diese Macht an sich reißen.
Damit muss laut Katha Schinkinger nicht unbedingt die Weltherrschaft gemeint sein, sondern eher eine Teilhabe an politischen Entscheidungsprozessen, denn:
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Wer kann über Vereinbarkeit von Familie & Beruf reden, wenn nicht Frauen?
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Wer kann über die Belastungssituation reden, wenn nicht Alleinerziehende?
Und es braucht auch Vertreter*innen in unseren Regierungen, die für Frauen sprechen, „da brauchen wir mehr Frauen“.
Vera: „Und wie schafft man, dass mehr Frauen sich dem politischen Amt aussetzen?“
Leider hat Katha dafür kein Patenrezept. Aber wenn wir uns anschauen: Frauen haben immer für ihre Rechte kämpfen müssen! Nichts wurde den Frauen, so wie Männern, am Silbertablett serviert. Man wird nicht von heute auf morgen dorthinkommen, sondern benötigt werden viele Puzzlesteine.
„Jede Frau kann für sich selber was tun, wenn es die Rahmenbedingungen zulassen, das ist ganz wichtig zu sagen, denn nicht jede kann das von sich aus leisten. Aber es braucht die Rahmenbedingungen.“
Es sind Fragen der Gleichstellung & Gleichberechtigung, die bei der Geburt eines Kindes beginnen, da wo es um Vaterschafts- und Mutterschaftsurlaub geht, die Teilung von Karenzen. Sowas könnte man verpflichten, dazu könne man motivieren, wenn man etwa die volle Auszahlung nur dann bekommt, wenn die Karenz geteilt wird.
Eine Utopie.
Katharina Häckel-Schinkinger
Ich würde gern eine rein weibliche Bundesregierung angeloben, wäre ich jetzt Bundespräsidentin
Beziehungsweise eine ausschließlich von weiblich gelesenen geführte Bundesregierung, führt Katha weiter aus. Dann würde sie es gleich fortsetzen und eine Dekade draus machen. Denn Katha ist überzeugt: Die Evaluierung der Ergebnisse wird positiv ausfallen!